Johann Wolfgang von Goethe
Gedicht: Der Misanthrop
Der Misanthrop

Originalzitat des Gedichtes
Erst sitzt er eine Weile,
Die Stirn von Wolken frei;
Auf einmal kömmt in Eile
Sein ganz Gesicht der Eule
Verzerrtem Ernste bei.
Sie fragen, was das sei?
Lieb′ oder Langeweile?
Ach, sie sind′s alle Zwei!
Wann entstand das Gedicht "Der Misanthrop"?
Das Gedicht "Der Misanthrop" wurde von Johann Wolfgang von Goethe vermutlich um 1780 verfasst. Es zeigt typische Elemente der Sturm-und-Drang-Zeit, indem es die menschlichen Gefühlslagen und inneren Widersprüche thematisiert.
Worum geht es in dem Gedicht?
Das Gedicht beleuchtet die widersprüchlichen Empfindungen eines misanthropischen Charakters. Es beschreibt, wie scheinbare Gelassenheit plötzlich in ein verzerrtes Gesicht und einen melancholischen Ernst umschlägt, der durch Liebe und Langeweile hervorgerufen wird.
Inhalt / Handlung des Gedichts
Das lyrische Ich schildert die wechselnden Stimmungen eines Misanthropen. Zunächst zeigt sich dieser in Ruhe und Gelassenheit, bis sich plötzlich düstere Gefühle in seinem Gesicht widerspiegeln. Diese widersprüchlichen Emotionen werden als eine Mischung aus Liebe und Langeweile beschrieben. Das Gedicht zeichnet ein prägnantes und satirisches Bild menschlicher Schwächen und emotionaler Zerrissenheit.
Interpretation
"Der Misanthrop" ist eine pointierte Darstellung des inneren Konflikts zwischen menschlicher Sehnsucht und Abneigung. Goethe thematisiert die Unfähigkeit des Menschen, emotionale Stabilität zu bewahren. Der Wechsel von Gelassenheit zu Melancholie symbolisiert die Fragilität des menschlichen Geistes. Die Verbindung von Liebe und Langeweile zeigt, wie stark Gefühle miteinander verflochten sind, selbst wenn sie scheinbar gegensätzlich wirken.
Die Eule, als Symbol für Weisheit, wird hier ironisch verwendet, um den Ernst und die Verzerrung des Gesichtsausdrucks des Misanthropen zu betonen. Das Gedicht lädt den Leser dazu ein, über die Ursachen von menschlicher Unzufriedenheit und deren oft paradoxe Natur nachzudenken.
Reimschema und stilistische Mittel:
Das Gedicht folgt einem einfachen Reimschema (ABABA), das den rhythmischen und satirischen Ton unterstreicht. Goethe nutzt eine klare, prägnante Sprache und Metaphern wie das "Gesicht der Eule", um die Stimmungen des Misanthropen bildlich darzustellen. Die kurze Länge und der pointierte Stil verstärken die ironische Wirkung des Werks.